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Nachricht aus dem Archiv

baeuchlein schrieb am 09.July.2018, 23:59:21 in der Kategorie ot.politik

Denkfehler

> Übrigens, Beamte (alle, auch die weniger gut Verdieneten) müssen ganau
> das tun: Rechnungen zunächst einmal selbst bezahlen, auch monatlich
> vierstellige Beträge.

Aha. Und wieso ändert das nichts an der Lage? Ist doch fast dasselbe, als würden die restlichen Menschen das alles auch tun, wie du es ja vorschlägst.

Ich glaube, hier liegt wieder der Denkfehler vor, den ich bereits in einem Posting an bender ansprach und den ich bei dir (aber auch vielen anderen Leuten) schon des Öfteren bemerkt habe. Wenn irgendein Problem existiert, gehst du gerne den Weg, es jemandem vor die Füße zu schmeißen, der noch am Wenigsten die Möglichkeit hat, was zu ändern. Der Markt wird's schon richten, oder so.

Selbst, wenn man den Menschen mal klar machen würde, was sie über ihre Kasse alles bezahlen sollen, würde das vermutlich keine Änderung bringen. In der Praxis ist jeder Einzelne von uns ein Achtzigmillionstel... der bundesrepublikanischen Bevölkerung nämlich. (Na gut, bender ist Österreicher, der zählt da nicht mit. :-P) Theoretisch könnten sich nun die 80 Millionen Deutschen (abzüglich von Säuglingen, Kleinkindern und geistig beeinträchtigten Menschen) irgendwie mit Protesten o.ä. gegen das System stellen. Und selbst dann wäre es meiner Meinung nach noch sehr fragwürdig, ob sich wirklich was ändern würde. Politik, Krankenkassen und Pharmaindustrie haben andere Interessen und setzen die im Normalfall auch dann durch, wenn die Bevölkerung schon deutlich gemacht hat, dass sie das nicht billigt. Da sei mal an diverse, seit der Finanzkrise 2007/2008 aufgetretene Proteste erinnert, die mehr oder weniger gut gegen "die Finanzwelt" (und v.a. ihre Auswüchse) gerichtet wurden. So richtig viel hat sich da aber nicht getan.

Dann muss man auch bedenken, dass Otto Normalverbraucher noch ganz andere Dinge im Leben erledigen muss als irgendwelche Regierungs-, Politik- oder Wirtschaftssysteme unentgeltlich in die richtige Richtung zu lenken. Andere werden an sich auch dafür bezahlt, dass sie das tun sollten, machen's aber nicht. Otto Normalverbraucher hat jedoch in der Regel gar nicht die Möglichkeit, auch nur die Bezahlung jener Leute zu kürzen, die ihre Pflichten da nicht wahrnehmen.

Es gibt weitere Gründe, von denen ich einst mal las, welche dafür sorgen, dass Otto Normalbürger sich normalerweise nicht, wie immer wieder vorgeschlagen, in großen Gruppen organisiert, um (vielleicht) etwas zu ändern. Und da ist die Achillesferse dieses Denkens: Ohne diesen Zusammenschluss funktioniert dieser Ansatz nicht. Da kann man noch so sehr jammern, der Bürger müsse doch nur... es findet de facto nun mal nicht statt.

Und selbst wenn mal Bürgerproteste zum Ausdruck kämen: "Die" Politik würde bestimmt wieder jammern, man werde sich nicht dem Druck der Straße beugen. Die Pharmaindustrie würde hingegen von der harten Konkurrenz zu winseln beginnen - und ansonsten weiter machen wie bisher, denn was sollen ihre Kunden auch anderes tun als das Zeug kaufen und einnehmen? Zumindest für ernsthaft Erkrankte gibt es da keine Alternative - friss oder stirb...

Ich gebe zu: Ich sehe auch nicht, wo man da jetzt als Achtzigmillionstel den Hebel wirksam ansetzen sollte. Dennoch bin ich mir sicher, dass dein Vorschlag letzten Endes nix bringt.

Am Ehesten glaube ich noch, dass gesetzlicher Druck helfen würde. Mir scheint das Ganze nämlich im Grunde genommen eine Verwerfung des Marktes zu sein, die am Ehesten noch mit Gesetzen zum Erzwingen sinnvolleren Verhaltens behoben oder eingedämmt werden kann. Nur macht der gemeine Bürger keine Gesetze, er ist oft genug schon sehr damit beschäftigt, sie überhaupt erst einzuhalten. Er hat auch in der Regel keine Angestellten oder Anwälte, die er den ganzen Tag dafür bezahlt, dass sie sich mit dem Umgehen von Gesetzen oder Ausnutzen von Gesetzeslücken beschäftigen, was dann dem Auftraggeber nutzt. Firmen hingegen haben bei ausreichender Größe z.T. beachtlich große Rechtsabteilungen. Den nicht gesetzlich geregelten Rest erledigen dann die "Gesetze des Marktes".

Nein, mit dem Weitergeben des "schwarzen Peters" an den Kassenpatienten passiert da meiner Meinung nach so gut wie gar nichts. Ein Achtzigmillionstel ist nun mal kein Prozent und auch kein Promille.
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