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Nachricht aus dem Archiv

vordprefect schrieb am 14.December.2017, 11:43:31 in der Kategorie ot.politik

Thema Krankenversicherung in den CDU/SPD-Gesprächen

Hi Doris

> gerade lese ich bei Spiegel-Online: Streitpunkte sind unter anderem
> das von der SPD geforderte Ende einer "Zwei-Klassen-Medizin" ....
> Mich würde mal interessieren, ob das für Euch ein zentrales Thema ist. Ich
> selbst bin in Frankreich krankenversichert, das ein anderes - vermutlich
> noch maroderes - Versicherungssystem hat. Aber ich wundere mich doch.

> Hat
> die deutsche Politik denn keine brennenderen Probleme zu lösen? Hat
> Deutschland nicht viele andere soziale Sorgen, die mindestens genauso
> dringend zu klären sind?
lo Doris

Die Krankenversicherung in Deutschland ist aus verschiedenen Gesichtspunkten ein weites Feld und auch ein Dauerbrenner ,allein schon wegen der steigenden Kosten und auch der Ungleichheit der Leistungen, je nachdem ob man privat oder gesetzlich versichert ist.

Ein weiterer Streitpunkt dürfte darüber entstehen wie die Leistungen des Arztes in Zukunft abgerechnet werden. Es gibt heute schon eine "Deckelung", daß ein Arzt nicht unbegrenzt den gleichen Fall diagnostizieren und abrechnen kann.
(Alte Diskussion -> Fallpauschalen gegenüber Kopfpauschalen), dazu gibt es Niederlassungseinschränkungen (Ärztedichte) in einigen Gebieten.

Thema Medikamente: In Deutschland ist die Macht der Pharma-Unternehmen sehr groß, da viele große Unternehmen hier auch ihren Sitz haben. Daher klappt es immer nur halbherzig, die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente in den Griff zu bekommen. Hier gab es immer wieder mutige Versuche ("Negativliste", "Deckelung", "Festbetrag") die dann aber in den Schubladen der Ministerien verschwunden sind. Schon die Liste der Medikamente, die verschrieben werden dürfen, ist länger als in fast jedem anderen europäischen Staat.

Thema Krankenhäuser
- v.a. Krankenhäuser haben finanzielle Probleme, daher fusionieren hier viele Krankenhäuser oder werden privatisiert oder geschlossen. Das führt meistens nur zu einer "Kostenbetrachtung" und ändert nichts an der Arbeitsbelastung und der Entlohnung der Angestellten (meine Meinung)
Für Spezialbehandlungen müssen die Versicherten längere Wege in Kauf nehmen - keine Versorgung mehr "vor Ort", in Notfällen keine schnelle Behandlung da Anfahrtszeiten länger sind.

Beiträge - gesetzlich vs. privat:
- Die Schere zwischen gesetzlich Versicherten und privat Versicherten (gutverdienende Angestellte Freiberufler, Beamte, Selbständige) ist immer schon der Kritik ausgesetzt. Diejenigen, die sich privat versichern,
gehören in der Mehrzahl zu den Leuten, die gut verdienen, bzw. so gut, daß Sie aus der gesetzlichen Krankenversicherung herausfallen - dazu ist ein gewisses Einkommen notwendig.

Ausnahme: Man macht sich schon als junger Mensch selbständig, dafür hat man dann aber auch nicht den besten Tarif - man kann später dann aber nur in Ausnahmefällen wieder zurück in die gesetzliche Krankenversicherung gwechseln.

Ein eher moralisches Argument: Daher zahlen Privatversicherte keine Beiträge in die gesetzliche Krankenversicherung, verhalten sich hier der Gesellschaft gegenüber "nicht solidarisch" - hier fallen dann sozusagen die Einnahmen der Leute für die gesetzliche weg, d.h. der gemeinsame Topf zur Finanzierung ist kleiner - das gleiche gilt für die Rentenversicherung.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlten in der gesetzlichen Krankenversicherung früher den gleichen Beitrag, um die "Belastung"(Wettbewerbsfähigkeit) der Firmen geringer zu halten, wurde das geändert - Arbeitnehmer müssen mehr zahlen, Kassen mit höheren Beiträgen sollten über einen Fonds dafür aber einen Ausgleich erhalten, klappt nur nicht recht.

In den letzten Jahren müssen die gesetzlich Versicherte immer mehr für ihre Gesundheit zuzahlen. sprich: der Leistungskatalog wird eingeschränkt (z.B. Zahnersatz, Brillen, Medikamente etc.) dazu werden dann wieder Zusatzversicherungen angeboten - das ist nix anderes wie die "Externalisierung" der Kosten, wie es heißt, andersherum formuliert ist es die schleichende "Privatisierung" der Kosten für den Patienten bzw. für seine Gesundheit.

Die Privatversicherungen haben das Problem, daß Sie Rücklagen aufbauen müssen, um ihre Tarife halten zu können. Dies könnte immer mehr zum Problem werden, wenn sie nicht genügend Kunden gewinnen und ebenso die älteren Kunden immer mehr Kosten verursachen (bei früher abgeschlossenen Verträgen gelten noch andere Prämien und Leistungen) - Hier gibt es immer mehr Streitfälle, wo die Privaten eine Behandlung verweigern oder erstmal in Frage stellen und verzögern. Bei der derzeitigen Niedrigzinsen wird es auch für die Privatwirtschaft schwieriger ihre Rücklagen zu finanzieren.

Kein Wunder, daß die SPD versucht hier auf dem "sozialen" Aspekt bei der Bevölkerung zu punkten. Gegen die "Bürgerversicherung" wehren sich die Ärzte, weil sie fürchten, daß die freie Arztwahl eingeschränkt wird,
d.h. möglicherweise kann man sich den Arzt nicht mehr aussuchen. wohin man überwiesen wird und es werden weitere Einschränkungen befürchtet, die sich natürlich auch auf das Honorar auswirken können, gerade wenn man privat versicherte Patienten manchmal wie "kleine Könige" behandelt hat und auch so abgerechnet hat.

Hier gibt es wohl noch mehr "Spielraum", was die Ärzte abrechnen - wenn man ensprechenden Reportagen glaubt, aber ich glaube hier werden die Privatversicherungen in Zukunft mehr prüfen, da auch bei Ihnen die Kosten steigen - oder die Leistung verweigern, dann bleibt es beim Patienten hängen, der darf das im schlimmsten Fall aus eigener Tasche zahlen.

edit: Typos, Formatierung, Ergänzung
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