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#412412 Uisge Beatha - Wasser des Lebens - Whisky (user.foto)

verfaßt von vordprefect, wo karl ruht.., 14.06.2017, 16:55:43
(editiert von vordprefect, 14.06.2017, 17:00:14)

Eine (Ein)Führung


Ich möchte hier nun nicht den detaillierten Prozess der Whiskyherstellung beschreiben, da gibt es genügend andere Webseiten daher halte ich mich eher kurz, manchmal ist die Bildqualität auch der Situation geschuldet, d.h. soviel Zeit war nicht beim Durchgang.

Tomatin ist eine Destillerie nordöstlich von Inverness die gar nicht auf unserem Plan stand, aber es war nicht unser schlechtetes Schlechtwetterprogramm ;)

Ich wollte auf jedenfall eine Destillerie besuchen, Tomatin war mir bis dato kein Begriff, sie war in den 70iger Jahren die größte schottische Destillerie, deren "Hauptdomäne" eher Blended Whisky darstellte und mittlerweile auch Single Malts herstellt. Sie ist im Besitz von japanischen Investoren, die das Management der Destillerie aber freie Hand lassen und auch nicht an Veränderungen interessiert sind - zumindest sagte das die Führerin.

Sie ist die am zweithöchsten gelegene Destillerie in Schottland, nur die Destillerie Dalwhinnie - nur ein paar Kilometer oder eher Meilen weiter - liegt höher. In der Region finden sich einige weitere Destillerien, die alle der "Speyside" zugeordnet werden, da Sie an dem Fluß Spey liegen.

01 Bevor wir die Destillerie betreten, werden wir auf dem Parkplatz noch vor der "Cuddling Cow in wellies" gewarnt!

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02 Wir ziehen die Augenbrauen hoch (die Schotten..) und betretem das Gebäude..

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Den Showroom habe ich ausgelassen, wen interessieren schon die Regale voller Whiskies und die Vitrine mit den Sonderabfüllungen ;). Nein, es war einfach recht voll und eng, da hatte ich auch kein entsprechendes Motiv..

03 Die Gerste für den Whisky wird in Wasser eingeweicht und zum Keimen gebracht. Wenn sich das Korn geöffnet hat, ist aus der Stärke Zucker geworden und die noch feuchte Gerste wird mit Heißluft getrocknet - für die "torfigen" Whiskies wird bei Trocknung eben Torf zugeführt. In diesem Zustand wird sie angeliefert. Ein Detail der Behälter, wo die schon aufbereitete Gerste vorgehalten wird.

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Dort wird die Gerste geschrotet und feingesiebt. Der Hersteller der Maschinen ist irgendwann pleite gegangen, weil Sie so zverlässig waren und es kaum etwas zu reparieren gab. Aufgrund der nicht mehr benötigten Kapazitäten wurde die Maschine aussortiert kann aber jederzeit wieder in Betrieb genommen werden. Übrigens steht bei Talisker die gleiche - dort war sie in Betrieb.

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Dann kommen wir zu großen Fässern ("Wash Backs") in denen das Malz mit heißem Wasser angereichert wird. In manchen Destillerien z.B. Talisker sind das noch Holzfässer. Während der alkoholischen Gärung verwandeln die Hefestämme den Zucker in Alkohol und C02.

04 Blick in den leeren Kessel

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05 Volker muß natürlich überall die Nase reinstecken und da riechts auch schon etwas nach Hefe und Gärung..

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06 Das "Gebräu" hat nach Abschluß der Gärung einen Alkoholgehalt von 8 / 9 % und wird von den Schotten "Wash" genannt.

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07 Da gibts gleich mehrere Tanks. Fassungsvermögen ca. 30.000 Liter, werden aber nicht "randvoll" gemacht, da sie aufgrund der Gase sonst überschäumen würden.

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08 von unten..

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Tomatin verwendet Edelstahltanks - bei Talisker sind die Tanks noch aus Holz. Nach deren Aussage ist das rein der Tradition geschuldet - ansonsten spielt das Material keine Rolle, da dieses "Gebräu" nicht sehr lange in den Behältern bleibt (2 - 4 Tage) haben diese Fässer keinen großen Einfluß auf den Geschmack.

09 Ok, man kann drin stehen. Keine Sorge - das ist ein ausrangierter Tank, er dient nur noch bei der Führung zur Veranschaulichung, wie groß die Tanks sind - die Streben wälzen das Gebräu um.

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10 Jetzt kommen wir zum spannenden Teil - das Destillieren
Die komischen konisch zulaufenden Behälter nennt man auch Brennblase oder "Pot Still". Das "Gebräu" oder "Wash" wird hier erhitzt und der Alkoholdampf beginnt bei ca. 79 Grad zu sieden und steigt auf. Durch die Kondensatoren wird dieser heruntergekühlt und verflüssigt sich wieder. Nun haben wir ca. 20% Alkohol. Der leichte Schnaps bzw. "Low Wine" wird dann einer zweiten Brennblase zugeführt. Die meisten Destillerien verwenden zwei Brennblasen - es gibt einige wenige Destillerien, die drei Brennblasen verwenden.

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11 Die zweite Brennblase wird dann Spirit Still genannt - hier wird es dann auch hochprozentig.

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12 So sieht ein ausrangierter Kondensator im Querschnitt aus.

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Die Form der Pot Stills ist auch für den Geschmack mitverantwortlich.
"Eine lange schlanke Form erzeugt einen weichen reinen Alkohol (z.B. Glenmorangie), wogegen eine kurze gedrungene Pot Still einen kräftigen intensiven Geschmack erzeugt (z.B. Lagavulin). Wichtig für den Geschmack ist auch die Intensität des Heizens Heizt man sehr stark, so werden sehr viele Begleitstoffe und Fuselöle aus dem Wash heraus getrieben. Der Whisky wird sicherlich nicht so weich ausfallen, wie ein langsam erhitzter. Ein typischer normaler und vorsichtiger Brennvorgang dauert in einer Spirit Still mehrere Stunden (4 bis 8h)" (zitiert von whisky.de)

13 Der Spirit Safe.. da ist der Spirit "safe" ;).
Hier kann der verantwortliche "Stillman" Proben ziehen und durch die optische Kontrolle (Trübung / Färbung) das Destillat begutachten. Er kann aber nicht probieren! Die Leitungen sind aus steuerlichen Gründen verplompt. Hier ist es wichtig, daß er den Vorlauf und den Nachlauf sauber vom mittleren Teil des Destillats trennt - dies ist maßgeblich für die Qualität des Destillats bzw. späteren Whisky entscheidend. Nur dieser "Middle Cut" wird verwendet. Der Vor- und Nachlauf wird an die Pot Stills zurückgeführt.

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Es wird auch in den anderen Produktionsstufen immer wieder darauf verwiesen, daß die Abfallprodukte wiederverwendet oder weiterverwendet werden. Die Maische aus der Gerste wird als Viehfutter gerne genommen, da diese sehr kalorienreich ist.

14 Rohrleitungen.. - für Middlecut und Vor- bzw. Nachlauf?

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Der "Middle Cut" wird somit in die Fässer abgefüllt und zur Reifung gelagert. Die Fässer bestehen immer aus Eichenholz (atmungsaktiv und beständig) und je nach dem was man geschmacklich erreichen will, kommen schon mal Bourbon, Sherry-Fässer oder andere Rotwein-Fässer zum Einsatz.
Die Innenseiten der Fässer werden vor der Abfüllung gezielt abgebrannt. Die Kohleschicht extrahiert die scharfen Zusätze im Whisky und wirkt somit als Filter. Auch die Größe der Fässer wirkt sich auf den Geschmack aus, da hier weniger Flüssigkeit mit mehr Fläche Kontakt aufnehmen kann.

15 Anders als bei den amerikanischen Whisky-Herstellung, wo die Fässer zur Reifung nur einmal benutzt werden dürfen, können Fässer hier wiederverwendet werden. Wie käme sonst ein Faß von Ardbeg hier her.. :)

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16 Tomatin unterhält für die Instandhaltung der Fässer eine eigene Küferwerkstatt.

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17 Und jetzt weiß ich auch, wo das Faß mit dem Zaubertrank abgeblieben ist.. :)

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Die unterschiedlichen Witterungsbedingungen tragen bei der Lagerung zum (gewollten) Geschmack oder Charakter des Whiskys bei. Der Torfgeschmack einiger "rauchigen" Whiskies kommt aber weniger von der Luft, sondern da wird der Gerste während des Trocknens Torf
zugesetzt.

18 Und hier lagern die Schätze..

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19 Nach dem Probieren stand fest, daß eines dieser Flaschen das Regal wechselt..

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Dies ist aber nicht der typische Single Malt von Tomatin, sondern eine Abfüllung mit etwas "Torfnote". Ich hoffte, daß dieser bei der Verkostung dabei war und es kam meinem Geschmack entgegen ;). Positiv: Die Autofahrer oder diejenigen, die keinen Whisky probieren wollten bekamen bei Tomatin ein kleines Fläschchen überreicht.

Und was hat es sich mit der "Cuddling Cow" auf sich? ;)

20 Hier die Auflösung:

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Tomatin wirbt mit einem "weichen" Whisky - Marketing ist eben alles..

Nachtrag: Bei Tomatin war das Fotografieren bis auf einen Raum erlaubt, dort erschloß mir der Grund erst recht nicht, denn dort lagerten "nur" Fässer. In der Destillerie von Talisker (der einzigen auf der Insel Skye) durfte man zum Abschluß der Führung nur die Fässer durch die Plexiglas-Scheibe fotografieren - in den Produktionsräumen waren Aufnahmen verboten!

Tipp: Ein Konzern zu dem mehrere Destillerien gehören (u. a. auch Talisker) - macht Werbung mit "Friends of the Classic Malt" -> https://www.malts.com/en-us/friends-of-the-classic-malts/ . Man kann sich dort registrieren und sich einen personifizierten Gutschein ausdrucken, der in einer der dazugehörigen Destillerien einmalig einen kostenlosen Besuch der Führung ermöglicht - so spart man ca. 10 Pfund (ca. 12 EUR) für die Führung. Wenn man eine Führung macht, erhält man oft einen Rabatt, wenn man mind. eine Flasche Whisky im Whisky-Shop kauft (bei Talisker waren es 5 Pfund).

Slainte.. [image]

edit: typos

--
lg,
volker

so long and thank you for the fish >~°>

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