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Nachricht aus dem Archiv

baeuchlein schrieb am 17.April.2017, 02:12:12 in der Kategorie ot.politik

Medienaufmerksamkeit

> eventuell reagiere ich da auch etwas über, aber wie sonst sollte man es
> nennen, wenn da Politiker von den Linken zu einen Tourismusboykott gegen
> die Türkei aufrufen, als wären alle Türken ein kleiner Erdogan. Oder an
> österreichischen Flughäfen Leuchtreklame mit dem Schriftzug" Fahrt nicht
> in die Türkei "zu sehen sind?

Von beiden Dingen habe ich auch wieder nichts gehört. Ein paar Aktionen solcher Art sind allerdings auch mir mal bekannt geworden, doch ich fand sie schwachsinnig und habe fast alles dazu wieder aus meinem Gedächtnis entsorgt.

> wenn einige Medien über die geplanten Wahlen schon im Vorfeld so berichten
> als würden nur zurückgebliebene Türken ein Ja wählen. Sagen wir es mal so
> der Wortlaut war nicht immer diplomatisch.

Das allerdings stimmt, wobei die von mir genutzten Medien meistens einigermaßen vernünftig über das Thema berichteten - allerdings oft zu kurz.

> > Inzwischen... tja, vor ein paar Wochen las ich das erste Mal nach Jahren
> > (!) wieder was über ihn [Michael Schumacher].
> In den Medien die du liest nicht aber es gibt ja da auch noch mehr als nur
> Tageszeitungen oder Nachrichtenblätter.

Ja, es gibt Breitbart-News, pi-net-news und ähnlichen Scheißkram, um mal ein paar besondere "Highlights" der asugewogenen Berichterstattung zu nennen. (Vorsicht, dieser Satz enthält eine Tagesdosis Ironie! :devil:) Ich weiß aber nicht, wie viele Leute derartigen Schrott lesen und auch noch glauben. Dass hingegen irgendwo jemand so was Beklopptes schreibt wie oben genannte "Informationsquellen", kann man in unserer Demokratie und Zivilisation nicht ganz verhindern. Sonst rutscht man wieder in einen zu starken Staat ab, der selbst dann noch üble Folgen haben kann, wenn er noch meilenweit von einer Diktatur entfernt ist.

> Da ich alle 14 Tage morgens das zweifelhafte Vergnügen habe diverse
> Medienblätter zu sortieren komme ich nicht umhin die Schlagzeilen zu
> lesen.

Zu sowas bin ich zum Glück nicht gezwungen. Oder dazu, auch nur neutral im Buchladen von Thilo Sarrazins "wissenschaftlichen Werken" (-röchel, hust-) reden zu müssen.

Wie gesagt: Keine Ahnung, wie einflussreich sowas wirklich ist. Hierzulande krieg' ich höchstens die Krise, wenn ich beim Zahnarzt warte, und nur noch die "Frauenzeitschriften" ("Neue Revue", "Das goldene Blatt" und sonstige Herzschmerz- und Europäische-Königshäuser-Zeitschriften) übrig sind. Da bin ich ja schon froh, wenn meine bevorzugten Medien mit Ausnahme von Hochzeiten oder Prinzengeburten erst dann auf den Plan treten, wenn mindestens ein Welfenprinz Zelte anpisst oder der englische Königinnengemahl zotige Witze absondert. Oder es gerade nicht tut.

> ( ist dir eigentlich mal aufgefallen das man nicht nicht lesen kann wenn
> man auf was Geschriebenes guckt, selbst wenn du es nicht lesen wolltest?)

Jein. Ich habe bemerkt, dass mein Kopf da einige Funktionen unbewusst ausführt. Das kann auch das Lesen sein. Allerdings ist es z.T. sehr witzig, was mein Kopf da z.T. Falsches liest und meinem Bewusstsein "liefert". Andererseits versagt das automatische Lesen, wenn ich zeitgleich Sprache höre. Höre ich ein Hörspiel, dann geht's u.U. so gerade noch, dass ich beides mitkriege. Höre ich hingegen ein Hörbuch, also einen vorgelesenen statt gespielten Text, dann funktioniert nicht mal mehr das bewusste Lesen.

> In denen war zumindest einmal in der Woche was über Schuhmacher zu lesen.
> Im übrigen war er nur ein überspitztes Beispiel

Ja, aber ein ganz Passendes insofern, als ich dadurch sogar ein Bißchen mehr dazu sagen konnte als über andere Ereignisse. Ich vermute allerdings, dass in seinem Fall nicht mehr sehr viel in den Medien kommen wird. Es hat ja wohl seit seinem Unfall nur wenig Fortschritte gegeben, und das lässt wohl befürchten, dass es ihm geistig ziemlich schlecht geht. Und wenn das über längere Zeiträume bei Gehirnschäden der Fall ist, dann tut sich da meistens auch nicht mehr viel, soweit ich weiß. :-|

Mir ist allerdings bei vielen Radikalen, egal ob links, rechts oder irgendwie religiös oder "sonstwie" orientiert, schon aufgefallen, dass sie ihr eingeschränktes Weltbild oft auch dadurch aufrecht erhalten, dass sie v.a. spektakulär aufgemachte oder geschriebene/formulierte Nachrichten u.ä. konsumieren und auch verbreiten. Dadurch lesen sie wohl auch häufiger Zeugs, das eben eine reißerische Darbeitung der Nachrichten bevorzugt und demzufolge echten und vermeintlichen Sensationen nachrennt. Oder (Ex-)Stars.

Ein uraltes, aber für mich recht aufschlussreiches Beispiel ist das des Waldsterbens. In den 80er Jahren war das ja hier in Deutschland ein Riesenthema und der Aufreger der Nation, womöglich gar der Hauptteil der Welle, auf der Umweltbewegungen und auch "die Grünen" (Partei) dann jahrelang ritten bzw. surften. Vor einigen Jahren dann las ich, dass das alles ein ähnlicher Griff ins Klo war wie z.B. der Hype um den "gesunden" Spinat, der angeblich viel Eisen enthielt (tatsächlich hatte da jemand eine Zahl falsch hingeschrieben, sogar ohne böse Absicht). Im waldsterbenden Falle war es so, dass die Methodik, mit der man den Gesundheitszustand der Bäume damals erfassen wollte, wohl so fehlerhaft war, dass anscheinend krasse Umweltschäden 80-90% der Bäume heimgesucht hatten. Erst später fand man heraus, dass zum Beispiel gar nicht auseinander gehalten wurde, weswegen bestimmte Schäden an den Bäumen auftraten - ein bedeutender Teil der vermeintlichen Umweltschäden erwies sich als völlig normale Schädigung des Waldes, mit der selbiger seit Jahrhunderten zurecht kam, also schon weit vor der Industrialisierung.

Nur: Obwohl diese Erkenntnis nun bereits viele Jahre lang vorliegt, habe ich darüber fast nie was gelesen oder gehört. Irgendwo las ich dann im nächsten Wahlprogramm der "Grünen" erneut was vom Waldsterben... :no:

Dasselbe in Grün zum Thema Tschernobyl. In den 90er Jahren fand ich mal in einer wissenschaftichen Bibliothek direkt nebeneinander zwei Bücher zum Thema, in denen die Folgen des Reaktorunfalls völlig unterschiedlich geschildert wurden. Ob auch nur eine dieser Schilderungen halbwegs stimmte, weiß ich bis heute nicht.

Durch all das bin ich aber der Meinung, dass man in der Tat schon bei Schulkindern "Medienkompetenz" als Ziel in den Schulunterricht einbauen muss. Genauso, wie wir seinerzeit politische Reden und andere Dinge auseinandernehmen mussten, muss man heute den Menschen beibringen, dass aus diversen Gründen es nicht mehr reicht, nur eine einzige Informationsquelle zu bemühen, und dass sie sowieso Nachrichten usw. durch Überlegen auf Plausibilität (also: Klingt es logisch?) prüfen müssen. Oft kann man nicht mal sagen, ob etwas richtig oder falsch berichtet wird. Damit aber muss man inzwischen umgehen können, und wenn zuwenige Leute das können bzw. tun, dann ist unsere Demokratie irgendwann auch im Eimer. Dann können wir zwar alle frei entscheiden, aber der Manipulation mit billigsten Mitteln sind Tür und Tor geöffnet. Damit ist die Freiheit dann auch nicht mehr relevant; da kann man gleich einen Dementen oder mit Drogen vollgepumpten Menschen zu verantwortlichen Entscheidungen heranziehen.

Besonders hübsch bezüglich der Verläßlichkeit von Nachrichten war da eine Geschichte im Jahr 1997, wo selbst im heute-journal berichtet wurde, im offenen Meer nördlich von Russland wäre aus heiterem Himmel eine Kuh (!) auf ein Fischerboot gefallen und hätte es dabei versenkt. Angeblich hatten Viehschmuggler Rinder mit einem großen Frachtflugzeug umher geflogen, wären vom russischen Militär per Radar geortet worden und hätten Beweise vernichten wollen, indem sie ihr Schmuggelgut mitten im Flug durch die geöffnete Heckklappe hinaus getrieben hätten. Einen Tag später mussten die Nachrichtenagenturen eingestehen, dass sie auf eine "Ente" aus einer der auch heute gern zitierten "renommierten Quellen" 'reingefallen waren. Auch heute noch stelle ich mir gelegentlich amüsiert vor, wie ein Fischerboot kilometerweit vom Land weg träge umher schippert, und aus dem blauen Himmel fällt eine fette Kuh mit lautem Aufklatschen auf den Kahn drauf... :-D
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