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Nachricht aus dem Archiv

baeuchlein schrieb am 17.June.2016, 13:31:31 in der Kategorie ot.politik

Ohne Lösungen, ja - aber die anderen sind da auch nicht besser!

Ohne Lösungen ist er wohl des Öfteren - jetzt, wo Du's sagst, fällt es mir auch auf. Die anderen Politiker zum Großteil aber auch.

Viele der Dinge, die Du aufgeführt hast, mögen zwar insofern stimmen, als bei einer plötzlichen Änderung so einiges den Bach 'runtergeht. Andererseits hat die jetztige Form des Kapitalismus' meiner Ansicht nach schon so viele Fehler und damit zusammenhängende Probleme, dass wir uns das auch nicht mehr lange leisten können.

Geht z.B. die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auf, dann können sich die Armen immer weniger Dinge leisten. Die Nachfrage seitens der Armen sinkt also. Nun kann das vermutlich eine Weile lang durch mehr Nachfrage seitens der Reichen kompensiert werden, oder auch durch steigende Preise (was allerdings bei den Armen die Nachfrage weiter sinken lässt, sofern man die nicht mit "irgendwelchem Billigschrott" abspeisen kann). Irgendwann freckt das System dann aber auch, denn wer mangels Nachfrage keine Waren mehr verkaufen kann, geht irgendwann Pleite, womit sich die allgemeine Situation noch weiter verschlechtert.

Was uns hier womöglich noch blüht ("blühende Landschaften" mal ganz anders :devil:), kann man meiner Ansicht nach z.B. auch in China sehen. Zahlen von vor ca. 10 Jahren sehen so aus: 1,3 Milliarden Einwohner, 900 Millionen davon Unterschicht, 100 Millionen Mittelschicht(chen) und 300 Millionen stinkreiche Oberschicht. Und jetzt schon versuchen chinesische Firmen, westliches Automatisierungs-Know-How aufzukaufen, um ihre zu hohen (!) Lohnkosten zu senken.

So ein Gefälle führt irgendwann nicht nur zu fließendem Wasser, sondern zu Erdrutschen. Dass die dann nicht nur auf eine Region beschränkt bleiben, sollte uns eigentlich die Finanzkrise gezeigt haben. Im Herbst 2008 stellte die Merkel sich mit ihrem damaligen Vize Steinbrück vor die Kameras und meinte, es dürfe nicht sein, dass Banken riskante Geschäfte tätigten, und wenn die schiefgehen, zahle der Steuerzahler die Zeche. Steinbrück guckte dazu ziemlich grimmig in die Kamera. Damals dachte ich ja, "jetzt hat sie's endlich kapiert" - aber danach kam ja bekanntlich so gut wie nix mehr zur Kontrolle des "Finanzsektors". Wie sollen eigentlich Staaten noch stabil bleiben, wenn die Gewinne vorwiegend in die Taschen der Privatwirtschaft fließen, die Verluste aber beim Staat (und damit beim Steuerzahler) hängen bleiben? Dummerweise sind es meistens nur "die bösen, bösen Linken", die treffend die "Privatisierung der Gewinne, Verstaatlichung der Verluste" anprangern.

Auch die "Nöte" der Reichen spielen bei unserer heißgeliebten Finanzkrise (und was da im Gefolge noch so alles kriselt) vermutlich mit 'rein. Es gibt Leute, die sagen, dass das "Erstarken" des Finanzkapitalismus' v.a. damit zusammen hängt, dass etwa ab den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Anlagemöglichkeiten für Geld denjenigen, die daran verdienen wollten, nicht mehr lukrativ genug waren. So floss zunächst mal weniger Geld in die "Realwirtschaft", was nicht gerade förderlich für ebendiese war. Die Finanzstarken suchten sich dann verzweifelt neue Möglichkeiten, ihr Geld nicht einfach nur auszugeben, sondern es irgendwie gewinnbringend anzulegen. Das hat womöglich nicht nur endgültig den immer noch von Neoliberalen hochgehaltenen (aber widerlegten) "Trickle-Down-Effekt", der das ganze schöne Geld angeblich irgendwann wieder zu den Armen hätte zurückkommen lassen, kaputt gemacht, sondern auch zu neuen, riskanteren Gewinnmaximierungsmodellen geführt. Womöglich hätten wir die heutige Langzeit-Krise so ähnlich schon viel früher gehabt, wenn sich damals keine neuen Anlegemöglichkeiten für Reiche aufgetan hätten - nur fällt uns das eben jetzt auf die Füße, weil auch in diesem Bereich nicht ewig nur Wachstum und Gewinne vorherrschen, und weil Risiken irgendwann auch mal zum Tragen kommen. Und hätte man in das nun auf die Fresse fallende System nicht gewaltig Geld hinein gepumpt, wäre es wohl schon gefreckt. Ob das System so aber auf Dauer noch stabilisierbar ist, ist wohl fraglich.

Im Übrigen kann ich die Argumentation, wonach es durch Frieden weltweiten Krieg geben muss, nicht so recht nachvollziehen. Das höre ich eigentlich immer nur von Leuten, die aus irgendwelchen Gründen ein stark eingeschränktes "mentales Gesichtsfeld" haben und aus irgendwelchen Gründen meinen, zur Rettung der Wirtschaft müsse es immer mal wieder Krieg geben. Nun ja, vielleicht werden uns IS-Terror, Flüchtlinge und ggf. auch mal in westlichen Ländern entstehende größere Schäden (das zerstörte World Trade Center dürfte in finanzieller Hinsicht auch nicht gerade billig gewesen sein) diesbezüglich mal eines Besseren belehren.

Ob Gysi nun viel dazu beiträgt, eine Lösung zu liefern, weiß ich nicht. Aber er könnte zumindest mal Probleme beleuchten, um die sich viele andere Politiker und Parteien lieber nicht kümmern, oder wo sie nur 08/15-Scheinlösungen liefern. Wenn Gysi & Co. das nicht schaffen, dann - fürchte ich - werden irgendwann Leute wie die AfD-Mitglieder es tun. Und dass deren Sachverstand nicht unbedingt umfangreich ist, das spricht sich bisher leider kaum herum.

Die Wirtschaft immer weiter zu "pampern", ist jedenfalls meiner Ansicht nach mittel- bis langfristig das Dümmste, was wir in dieser Hinsicht machen können. Dann ändert sich nämlich erst mal nix, nicht mal das Bewusstsein dafür, dass es zwar nicht so weitergeht, wie vielleicht linksgerichtete bis "wirtschaftsfeindliche" Parteien es gerne hätten - aber auch nicht so, wie es bisher immer lief. Das ewige Wachstum geht zu Ende, und diverse Sozialsysteme sind nicht drauf eingerichtet. Doch wenn die dann versagen, versagt auch der Geldfluss in die Taschen derjenigen, die nicht zu den großen Geldverdienern zählen, und wie ich oben ausführte, wird das nicht dauerhaft ohne Auswirkungen auf die restliche Wirtschaft laufen.

Ich glaube, bei der nächsten großen Krise unserer Wirtschaft wird es richtig "spannend". Vielleicht kriegen wir die Kurve und versuchen, den Kapitalismus so umzubauen, dass er wieder allen ausreichend nützlich ist. Oder aber die Rechten und Nationalisten gewinnen europaweit und treffen auf eine ausreichend willige oder verführbare Bevölkerung, und freuen sich nach der Machtübernahmen 'nen Ast über die von all den Regierungen vorher bereitgestellten Überwachungsmöglichkeiten. Dann aber gute Nacht, Deutschland (und Europa)!
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