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#404821

vordprefect

wo karl ruht..,
08.11.2016, 13:33:25
(editiert von vordprefect, 08.11.2016, 13:41:38)

Siebenbürgen: Besuch bei Dracula.. oder die Wahrheit. (ed) (user.foto)

Geschichte der Burg Bran (deutsch: Törzburg) und die Legende um "Dracula"

Der ungarische König erlaubte der Stadt Brasov den Bau einer Burg, allerdings mußten die Siebenbürger Sachsen Tribut leisten.
Die als "Dracula-Schloß" angepriesene Törz-Burg war in erster Linie eine Burg, die an der Außengrenze zu Österreich-Ungarn Zölle eintreiben sollte und als Grenz- und Wachposten diente. Daher wurde sie von Statthaltern bewohnt, die als gewählte Vertreter des Königs im Auftrag der Stadt Brasov über die Zölle wachten so daß diese von den Zöllen profitierten.

Die Törzburg blieb bis 1427 unter ungarischer Herrschaft. Die Burg wurde 1436 erstmals von den Türken belagert. Im Jahr 1498 gelangte sie in den Besitz Kronstadts und überstand 1529 erfolgreich eine Belagerung durch walachische Truppen.

1920 erhielt Königin Maria von Rumänien die Burg zum Geschenk und ließ sie in eine Sommerresidenz umbauen. Die alten Räume haben sich in Empfangssäle und gemütliche Wohnungen für die königliche Familie verwandelt. 1947 wurde die Burg Staatseigentum und 2006 den Nachkommen von Fürstin Ileana (Tochter von Königin Maria), Dominic von Habsburg und seinen Schwestern Maria Magdalena und Elisabeth zurückgegeben. Von 57 Räumen in vier Stockwerken kann man 30 besichtigen.

Die Burg selbst macht sich die Legende von Graf Dracula zu keiner Stelle zunutze bzw. spielt damit, sondern es wird darüber sachlich aufgeklärt. Natürlich gibt es Ende Oktober eine Halloween-Party in der Burg, aber bei den hohen Kosten sind solche Events wohl "notwendig". Die Burg gehört heute noch dem Hause Habsburg, das sie dem rumänischen Staat angeboten hat, der hat dankend abgewunken. Gegenwärtiger Kaufpreis: ca. 30 Mio. EUR, nach neuesten Berichten soll sie schon für 17 Mio zu haben sein.

Anfahrt auf Burg Bran.. in der Nähe von Rosenau (Rasnov)

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Aus dem Auto fotografiert - man sieht die Burg schon von weitem.

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Komische Gestalten säumen unseren Weg kurz vor dem Eingang

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Natürlich gibts hier Rummel, Essenstände, Souvenirs und Anstehen an der Kasse ist in der rumänischen Ferienzeit ebenfalls angesagt. Bei einer halben Million Besucher pro Jahr auch kein Wunder - (zum Vergleich: Schloß Neuschwanstein hat ca. über 1,5 Mio jährlich).

Burg Bran - von der Schokoladenseite kurz vor dem Eingang, der war von Baugerüst umgeben und eingeschalt. Möglicherweise soll die Burg ja für zukünftige Investoren "fit" gemacht werden, das sie ja zum Verkauf steht.

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Jetzt kommen wir zu einigen Privaträumen und Gemächern, wobei ich nicht mehr sagen kann, wo was genau war.
Die prachtvolle Ausstattung der Burg entspricht sogar nicht einem "finsteren Gesellen" wie Dracula, die Einrichtung stammt aus dem Hause Habsburg und entspricht sicher nicht immer dem Mittelalter, sondern der Königsfamilie zu Beginn des 20. Jahrhundert.

Das Burginnere ist recht verwinkelt und das sorgt immer wieder für Staus des Besucherstroms, der in keinster Weise kanalisiert wird. Eine ruhige Minute für ein Foto oder ohne einen Schubser ein Foto zu machen gestaltet sich als Geduldspiel und will nicht immer gelingen :).

Ein Wunder, daß keinem ein Auge ausgestochen wurde, so wie mit den Selfiesticks noch im engsten Gedränge versucht wird, sprichwörtlich Ellenbogenfreiheit freizuschaufeln.

Ein enger (geheimer?) Gang führt in das obere Stockwerk

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Königliches Wohnzimmer

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Das Musikzimmer bzw. Kaminzimmer

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Zwischendurch gibt es immer Ausblicke über Balkone u. Veranden und frische Luft ;).

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Man glaubt es kaum, kein Mensch auf dem Bild.. im Treppenhaus

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Der Empfangssaal neben dem Schlafzimmer der Königin

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Ein paar "eiserne Recken" standen auch noch rum..

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Noch ein Blick zurück..

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Und was hat das ganze jetzt mit "Dracula" zu tun?

Das historisches Vorbild war der Fürst Vlad Tepes III (ung. Pfähler) der wg. seiner "Vorliebe" für das Pfählen seiner Gegner diesen Beinamen bekam. Der Beiname "Dracul" kam vermutlich über die Mitgliedschaft des Vaters im Drachenorden (rum. Ordinul Dragonului).
Der Orden wurde von Kaiser Sigismund (der damals noch König von Ungarn war - gekrönt 1387) ins Leben gerufen. Der Auftrag des Drachenorden war der Kampf gegen heidnische Armeen und Hussiten außerhalb orthodoxer Gemeinschaften.

Es könnte aber auch sein, daß Vlad Tepes III in jungen Jahren noch den lautmaerisch ähnlichen Beinamen "Dragul" hatte - das bedeutet etwa "lieb und Teuer" also würde mit "Vlad der Edle" übersetzt. Es ist daher erklärbar, daß die Bevölkerung den später ungeliebten Fürsten lieber als "Dracul" angesehen hat, als einen "Edlen", da er die Bevölkerung oft drangsaliert hat.

Die rum. Mythologie spielt bei der Erfindung des Vampirs von Bram Stoker wohl auch eine gewisse Rolle, denn dort gibt es Untote "Strigoi" genannt.
Allerdings werden Sie weniger mit "Blutsaugen" in Verbindung gebracht. Noch 2005 gab es einen Fall, von dem der Observer berichtet: https://www.theguardian.com/world/2005/jun/19/theobserver

Verbindung zur Burg Bran (Törzburg)
Es gibt keinen Nachweis, daß sich Vlad Tepes jemals in der Burg Bran aufgehalten hat, zumal die Region früher auch nicht zu Vlad Tepes Territorium gehörte.
Anderslautende Berichte sind wohl Spekulation. Es gibt auf der Südseite der Karpaten abseits der Transfagars-Paßstraße in der Nähe der Vidraru Talsperre die Burg Poenari wo sich Vlad Tepes auf der Flucht vor osmanischen Truppen gerettet haben soll, nachdem ein Attentat auf Sultan Suleiman II gescheitert war, aber auch dies ist nicht die "Dracula-Burg" aus dem Roman. Der Autor verpflanzte sie im Roman 200 km nordöstlich in die Nähe des Tihuta-Passes eines 2000m hohen Berges in den Ostkarpaten nahe der früheren Grenze zu Moldawien.

Vlad Tepes in Siebenbürgen:
Nach der 1436 endenden Herrschaft von Alexandru I. Aldea hatte sich die Linie der Familie Basarab in die Danesti und die Draculesti geteilt, die beide Anspruch auf den Thron erhoben. Einige der Überfälle Vlads auf Siebenbürgen dienten der Ergreifung von Thronaspiranten aus der Danesti-Familie. Mehrfach starben Danesti durch Vlads eigene Hand, so auch sein Vorgänger Vladislav II. kurz nach der Machtübernahme von 1456. Ein anderer Danesti wurde der Teilnahme an der Lebendbegrabung von Vlads Bruder Mircea bezichtigt und soll vor seiner Exekution gezwungen worden sein, kniend vor seinem eigenen Grab seinen eigenen Nekrolog zu halten. Tausende von Siebenbürgern sollen als Strafe für das Gewähren von Unterschlupf für Gegner Vlads gepfählt worden sein.

Der walachische Adel hatte gute politische und wirtschaftliche Beziehungen zu den Städten der autonomen Region Siebenbürgen und den dort lebenden Siebenbürger Sachsen unterhalten. Weiterhin hatte sich Vlad in einem 1456 mit dem ungarischen König Ladislaus Postumus geschlossenen Vertrag zu Tributzahlungen verpflichtet, wofür ihm im Gegenzug die Unterstützung der sächsischen Siedler im Kampf gegen die Türken zugesichert wurde. Vlad verweigerte diesen Tribut wegen angeblich nicht erfüllter Pflichten, und in der Folge erhoben sich die von Ungarn unterstützten siebenbürgischen Städte. Vlad widerrief ihre Handelsprivilegien und führte Überfälle auf die Städte durch, während derer er 1459 zahlreiche Händler aus Kronstadt (heute Brasov) pfählen und etwa 300 von ihnen verbrennen ließ.

Vlad Tepes weigerte sich außerdem dem osmanischen Herrschern den Tribut und führte immer wieder Krieg gegen die Osmanen und soll seine osmanischen Gegner gepfählt haben, was in dieser Zeit eine durchaus gängige, wenn auch brutale Methode war. Eine Annahme ist, daß er das Pfählen während seiner Geiselhaft bei den Osmanen kennengelernt hat. Zur Geschichte Vlad Tepes hier eine Zeitleiste: http://uni-protokolle.de/Lexikon/Vlad_Draculea_III..html

edit: typos, bildunterschriften

--
lg,
volker

so long and thank you for the fish >~°>

Meine Fotos

#404825

Johann

08.11.2016, 17:25:47
(editiert von Johann, 08.11.2016, 17:28:33)

@ vordprefect

ot Weißabgleich (ed)

Deine Kamera macht manchmal echt ein komischen Weißabgleich. Das oberste Foto ist, wie auch ein paar andere vorher in den Berichten, so grün/blau-stichig, meist wenn es tiefe Landschaftsaufnahmen mit Himmel sind.

Nichtsdestotrotz, obwohl mich eigentlich Urlaubsbilder anderer selten interessieren, das ist ein prima Fotobericht! Vor allem die Aufnahmen der Kirchenburgen fand ich super, da ich vor kurzem über diese Kirchenburgen eine Doku gesehen habe. Sehr schön, besten Dank für die Einblicke.

#404826

vordprefect

wo karl ruht..,
08.11.2016, 18:32:42

@ Johann

ot Weißabgleich

Hi
> Deine Kamera macht manchmal echt ein komischen Weißabgleich. Das oberste
> Foto ist, wie auch ein paar andere vorher in den Berichten, so
> grün/blau-stichig, meist wenn es tiefe Landschaftsaufnahmen mit Himmel
> sind.

Das liegt wohl weniger an der Kamera sondern an der Autoscheibe.. vielleicht könnte ich noch ein
bisschen dran drehen, aber es wird sich trotzdem von den anderen unterscheiden :)

Das erste Landschaftsbild und das erste und letzte Bild der Burg (mit der leichten Schatten am Rand)
sind vom Auto aus gemacht worden. Leider konnten wir nicht immer und überall anhalten, wenn man
mit der ganzen Familie in vier Autos in der Kolonne fährt.. :).

> Nichtsdestotrotz, obwohl mich eigentlich Urlaubsbilder anderer selten
> interessieren, das ist ein prima Fotobericht! Vor allem die Aufnahmen der
> Kirchenburgen fand ich super, da ich vor kurzem über diese Kirchenburgen
> eine Doku gesehen habe. Sehr schön, besten Dank für die Einblicke.

Danke ;).

Es gibt noch ein paar Flora und Fauna Bilder von unseren Wanderungen..

--
lg,
volker

so long and thank you for the fish >~°>

Meine Fotos

#404831

Johann

08.11.2016, 19:23:15

@ vordprefect

ot Weißabgleich

> Das liegt wohl weniger an der Kamera sondern an der Autoscheibe..

Aaah, ok  :-)
Ich guckte zwar in den Exif nach dem Objektiv aber an die Autoscheibe habe ich gar nicht gedacht.
Kriegt man aber auch, falls gewünscht, im Photoshop o.ä. mit Graupunkt setzen wieder ganz passabel reguliert.

#404963

MaPa [Gast]

11.11.2016, 10:57:39

@ vordprefect

Dankeschön

Hallo Vordprefect,

erst Nerv ich dich ständig mit ihm und jetzt hätte ich es fast übersehen.

Ich mag solche Hintergrundgeschichten...will sagen.....Schöne Landschaften Häuser, religiöse Gebäude usw. gibt es wohl überall auf der Welt. Für mich werden sie aber meistens erst dann interessant mit der Geschichte dazu.Gut jetzt kann es nicht über alles und jeden eine geben aber deine Reise ohne Dracula? Für mich nicht vorstellbar :-D .

Wobei ich anmerken muss das ich doch etwas ernüchtert bin und verstehen kann warum die Filmindustrie nicht die Originalburg als Filmschauplatz gewählt hat. Wirkt das Original doch etwas unscheinbar.
Aber ähnlich ging es mir mit der Blauen Moschee in Istanbul auch.

Vielen lieben Dank für die tollen Bilder nebst ausführlichen Berichten. Es hat Spaß gemacht sie zu lesen und zwackendes Fernweh geweckt.

Netter Gruß von MaPa

#405130

RoyMurphy

Tübingen,
17.11.2016, 13:30:12

@ vordprefect

Siebenbürgen: Besuch bei Dracula.. DANKE!

> Geschichte der Burg Bran (deutsch: Törzburg) und die Legende um "Dracula"

Mit Schrecken habe ich gerade festgestellt, dass ich dir für deinen herrlichen Bildbericht noch nicht gedankt und meinen Respekt in schärfster Form gepostet habe.

Anlass für den Schrecken:

Dacharbeiten in Transsylvanien

--
(b)Schwabengruß - https://www.youtube.com/watch?v=toBbW4eTKsA - aus meiner Heimatstadt Esslingen
Reinhard[/b]
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