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Nachricht aus dem Archiv

Tiller schrieb am 24.June.2016, 11:35:28 in der Kategorie ot.haushalt

Sorry, aber in vielen Punkten falsch.

Moin Hausdoc,


> Habt ihr mitbekommen, daß für Aufzüge eine neue BetrSichV gibt?

Ist zum Juni 2015 in Kraft getreten und als "Paternosterverordnung" durch die Medien gegangen.
Sie bringt tatsächlich weitreichende Änderungen im Umgang mit Arbeitsmitteln mit sich. Über die teilweise katastrophalen Auswirkungen auf die rechtliche Situation für Unternehmen im Umgang mit Arbeitsmitteln möchte ich hier nicht anfangen, da das den Rahmen sprengen würde. Ich sage nur ein Stichwort: Aufhebung jeglichen Bestandschutzes für Altmaschinen.
Aber Deine Aussagen sind leider nicht ganz richtig, bzw. sogar teilweise schlichtweg falsch.

> Die "Vorzüge" im Kurzen
> 1. Aufzüge müssen nicht mehr von TÜV oder anderen Prüforganisationen
> geprüft werden.(jahrzehntelang war das Pflicht) Es obligt dem
> Betreiber/Besitzer ob er prüfen lässt . Bisher gabs die Plakette im
> Fahrkorb nur bei mängelfreier Anlage.
Bei der Prüfung von Aufzugsanlagen wird zwischen 3 Prüfungsarten unterschieden:
1. Prüfung vor Inbetriebnahme/ nach prüfpflichtigen Änderungen
2. Wiederkehrende Prüfungen (auch HAuptprüfung genannt)
3. Zwischenprüfungen

Die Prüfungen nach 1 und 2 sind durch eine sog, ZÜS (zugelassenen Überwachungsstelle, also z.B. TÜV, DEKRA) durchzuführen, siehe Anhang 2 Abschnitt 2 Punkte 3 + 4 i.V.m §§ 15 und 16 BetrSichV. Die Prüffrist darf längsten 2 Jahre betragen.
Zwischen den Hauptprüfungen ist in der Mitte des Prüfungszeitraumes die Prüfung nach Punkt 3 (Zwischenprüfung) auszuführen. Auch diese ist durch eine ZÜS durchzuführen. Aslo mind. 1 x jährlich eine Prüfung durch eine ZÜS.



> Wenn er prüfen lässt, machen dies die Prüforganisationen und bringen auch
> einen Aufkleber im Fahrkorb an und fertigen einen Prüfbericht. Das besagt
> aber nicht, daß der Aufzug mängelfrei ist


Eine Plakette dient bei der Arbeitsmittelprüfung lediglich der Kennzeichnung, dass ein Arbeitsmittel geprüft worden ist. Auch bei Aufzügen. Das war auch schon vor der neuen BEtrSichV so. Geändert hat sich durch die neue BetrSichV nur, dass auf der Plakette in Aufzugsanlagen nicht mehr das Datum der Prüfung nachvollziehbar ist, sondern dass nun das Datum der nächsten anstehenden Prüfung darauf stehen muss. Das finde ich auch logisch, da der Laie in der Regel die Prüffristen der Aufzugsanlagen nicht kennt und mit der neuen Kennzeichnung sofort sieht, ob eine Aufzugsanlage innerhalb der vorgegebenen Prüffristen betrieben wird.
Über den Inhalt der Prüfung, bzw. das Ergebnis, sagt die Plakette nichts aus. Weder früher noch jetzt.


> 2. Notrufeinrichtungen im Fahrkorb sind ab 2020 gefordert. Bisher war das
> jahrzehntelang Pflicht! Gibts heute also nicht mehr. Tausende Verträge
> wurden dementsprechend geändert und tausende bestehende
> Notrufeinrichtungen still und heimlich stillgelegt.
Leider falsch. Ein Notrufsystem ist weiterhin absolute Pflicht. Die neue BetrSichV fordert dagegen, dass, mit einer entsprechenden Übergangsfrist, ein Zweiwege- Kommunikationssystem vorhanden sein muss. D.H., der Alarmknopf reicht ab Ende der Übergangfrist nicht mehr aus, sondern es wird eine Sprechanlage Pflicht.
Finde ich gut.


> 3. Stattdessen ist künftig ein Notfallplan neben der Aufzugtür
> aufzuhängen.
> Personen (Aufzugwärter usw) die dort aufgeführt sind, müssen aber nicht
> anwesend sein. Sie müssen auch nicht telefonisch erreichbar sein.
Nicht stattdessen, sondern zusätzlich. Und die im Notfallplan genannten Personen müssen ständig erreichbar sein! Und sie müssen über das Wissen und das Material verfügen, um im Notfall angemessen reagieren zukönnen. Stichwort: Notbefeiungsanleitung.


> Reparaturen (auch Sicherheitsrelevante ) müssen nicht mehr durchgeführt
> werden, wenn der Betreiber dies für unwichtig hält (O-Text:
> Instandhaltungsmaßnahmen sind unter Berücksichtigung von Art und Intensität
> der Nutzung der Anlage durchzuführen.)
Instandhaltungsarbeiten sind immer auszuführen. Lediglich bei nicht sicherheitsrelavanten Teilen hat der Betreiber die Möglichkeit, einen Zeitplan zur Instandsetzung aufzusetzen.
Aufzugsanlagen mit sicherhetsrelevanten Mängeln dürfen nicht Betrieben werden, siehe § 5 BetrSichV!

> Bei (teilweise) gewerblicher Nutzung des Aufzuges überprüft künftig das
> Gewerbeaufsichtsamt , ob die Aufzugsanlage von einer Prüforganisationen
> überprüft wurde ( Der Aufzug muss deswegen noch lange nicht betriebssicher
> sein)
> Das Gewerbeaufsichtsamt überprüft auch ob notwendige
> Konformitätserklärungen vorliegen. Das wars.
Das Gewerbeaufsichtsamt, oder auch die Bezirksregierungen (hängt vom Bundesland ab), also die Arbeitsschutzaufsicht, prüft bei allen überwachungsbedürftigen Anlagen, ob die erforderlichen Prüfungen durchgeführt werden. Die die Prüfung durchführende ZÜS meldet der jeweiligen Arbeitsschutzbehörde, ob Prüfungendurchgeführt worden sind oder nicht.
Wenn nicht, sind die ganz schnell mit Bußgeldern.

> Jetzt haben wir künftig absolut sichere und gut gewartere Aufzüge! :gaga:
>  :crying:

Also mein Fazit:

Leider vollkommen falsch die Änderungen durch die BetrSichV interpretiert.

Denn:
- die maximale Prüffrist von 2 Jahren für die Hauptprüfung kann bei hochfrequentierten Aufzugsanlagen auch deutlich kürzer ausfallen. Oder bei älteren Anlagen. -> Sicherheitsgeweinn.
- die Prüfungen sind durch eine ZÜS auszuführen -> keine Änderung, denn neben TÜV und DEKRA gibt auch reichlich andere kompetente Prüforganisationen
- durch die neue Kennzeichnung kann auch der Laie sehe, ob eine Aufzugsanlage innerhalb der vorgegebenen Prüfungen betrieben wird.
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